07.09.2023
Eine Selbstständigkeit ist wie ein magisches Abenteuer, bei dem du die Hauptrolle spielst. Du bist der Schöpfer deiner Ideen, der Visionär hinter deinem Konzept und der Kapitän deines eigenen Schiffs. Es ist ein Tanz zwischen Risiko und Belohnung, bei dem du deine Leidenschaften und Talente zum Leben erwecken kannst, wenn du deiner Berufung folgst. Oder „Selbstständige sind Personen, die ein Unternehmen oder einen Betrieb beziehungsweise Arbeitsstätte als Eigentümerinnen beziehungsweise Eigentümer, Miteigentümerinnen beziehungsweise Miteigentümer, Pächterinnen beziehungsweise Pächter oder als selbstständige Handwerkerinnen beziehungsweise Handwerker oder Gewerbebetreibende leiten sowie freiberuflich Tätige“, so definiert es das Statistische Bundesamt.
„Ich kann verstehen, dass viele Hochsensible die Selbständigkeit als Rettungsanker sehen“, erzählt Susanne. Die Freiheit ist viel größer als in den meisten Angestellten-Verhältnissen. Pausen machen, weniger Ablenkung, das eigene Umfeld gestalten – das sind nur einige Vorteile, die eine Selbständigkeit mit sich bringt. „Aber für diejenigen, die ein starkes Sicherheitsbedürfnis haben, ist diese Form der Arbeit nichts“, betont die selbst hochsensible Unternehmerin. „Wenn Kunden mal spät zahlen, Aufträge ausbleiben oder unerwartet Kosten entstehen, kann das schon an den Nerven zerren.“ Schwierig wird es auch für Leute, die nicht gern mit anderen kommunizieren. „Wenn man so gar nicht mit anderen Menschen zu tun haben will, dann ist es auch nicht so leicht“, sagt Susanne. „Man braucht als Selbstständige Kunden, um Aufträge zu bekommen – und dafür muss man nach außen sichtbar sein und sich auch immer wieder mit den Auftraggebern auseinandersetzen.“ (Wem Small Talk schwerfällt, darf auch in diesen Artikel blicken.)
Ein Thema, was bei dem Gedanken an die Selbstständigkeit auch oft in Vergessenheit gerät: Zahlen. Als Selbstständige musst du dich mit Zahlen und Finanzen auseinandersetzen. „Du musst nicht alles selbst können“, sagt die ehemalige Steuerberaterin, „aber es geht kein Weg daran vorbei, dass man sich damit beschäftigt.“ Viele ihrer Kundinnen plagen anfangs Ängste im Bereich Finanzen und Steuern. Wo diese herkommen und wie man sie überwindet, ist ein wichtiges Thema in Susannes Beratungen. Als Business Coach kümmert sie sich auch um das Money Mindset der Selbstständigen. „Allerdings reicht meiner Meinung nach das richtige Mindset nicht, man muss sich auch an die strategische Umsetzung machen, sonst ändert sich am Kontostand auf Dauer nicht viel“, sagt sie.
Welche Herausforderungen für Hochsensible die Selbstständigkeit noch mitbringen kann: Ihr starkes und vernetztes Denken, das leicht in Overthinking endet, blockiert viele Hochsensible Entscheidungen zu treffen. Sie verschwenden nicht selten viel Zeit und damit auch Geld – das weiß Susanne aus ihren Beratungen. Da hilft sie raus mit ihrer wertvollen Arbeit. From Struggle to Sparkle – der Name ist Programm: Es gibt einen Weg aus den Herausforderungen.
„Auch das Nein sagen fällt einigen viel schwerer“, ergänzt sie. Warum? Weil man Kundenaufträge nicht ablehnen möchte oder vielleicht auch noch nicht ablehnen kann – aus finanzieller Perspektive. Und je nach Feinfühligkeit, kann es auch triggern, dass es „wenig Lob und wenig Rückmeldung gibt“, sagt Susanne. Das Mitarbeitergespräch fehlt und nicht jede: Kund:in gibt immer Feedback zu der Arbeit, die man macht – außer man ist vielleicht Floristin. „Gerade, wenn man mit der Selbstständigkeit anfängt, muss man sehr viel selbst machen und es wird oft nicht gesehen, was man leistet“, sagt Susanne.
„Es gibt kein Schema F, das allen hilft“, ist Susanne ganz wichtig zu erwähnen. „Was ich aber jedem raten kann: Arbeite mit deinem Nervensystem.“ Das ist viel aktiver als bei Normalsensiblen und so darf dem viel Aufmerksamkeit gewidmet werden. „Vor allem in der Selbstständigkeit denkt man oft nicht an Pausen oder Ruhephasen. Da wird das Wochenende schnell mal zum Arbeitstag oder der Laptop kommt ganz selbstverständlich in den Urlaub mit“, so Susanne. Es ist für Hochsensible unverzichtbar, dass sie genügend Ausgleich haben. Auch die richtige Umgebung ist wahnsinnig wichtig. Ihre Feng Shui-Ausbildung fließt deshalb mit in ihre Beratung ein. Feinfühlige Personen nehmen die Umgebung noch stärker wahr als andere. „Chaos im Außen ist Chaos im Innen. Feng Shui ist da ein tolles Tool, das unterstützt.“ Susanne gibt den Tipp: „Achte auf einen aufgeräumten Schreibtisch in geschützter Position.“ Ebenso hilfreich sind Strukturen und feste Routinen, damit man sich nicht so leicht verzettelt. „Was ich für mich sehr gern benutze, sind ätherische Öle“, sagt Susanne, „Die machen einen großen Unterschied, was beispielsweise die Konzentration anbelangt.“
Können Hochsensible die besseren Selbstständigen sein? „Je nach Bereich ist das möglich“, betont Susanne. Auf jeden Fall haben Hochsensible Eigenschaften, die sie zu sehr guten Führungskräften machen – und auch Selbstständigen. „Ihre ausgeprägte Empathie, das schnelle Verständnis und die Prägung sehr gut zuhören und sich in ihr Gegenüber einfühlen zu können, machen einen großen Unterschied.“ Auch der stark vertretene Perfektionismus hat Vorteile für die Selbstständigkeit, wenn er nicht zu viel wird. „Ein sehr genaues Arbeiten kann zu großer Zufriedenheit auf Kundenseite führen. Man muss aber aufpassen, dass man sich nicht verrennt. Vollkommene Perfektion ist eine Illusion und die aufgewendete Zeit ist in der Selbstständigkeit ein nicht zu unterschätzender Faktor.“
Susanne ist vor Jahren in ein selbstgeschaffenes Hamsterrad geraten. Alles wurde immer mehr. Durch Corona hat sich das noch potenziert – auch in der Kanzlei kam enorm viel Zusatzarbeit auf sie zu. „Schon vor Corona hatte ich stark Migräne“, erzählt Susanne. „Die dann nur noch schlimmer wurde.“ Die Migräne hat ihr letztendlich aber geholfen, ihren Weg einzuschlagen – hin zu der Person, die sie heute ist und zu ihrer neuen Tätigkeit. Sie beschäftigte sich intensiv mit Persönlichkeitsentwicklung und begann zu hinterfragen, ob ihr Beruf noch das richtige für sie ist. „Dann kam eine Coaching-Ausbildung zufällig auf mich zu“, sagt die Mentorin. „Wobei ich heute nicht mehr an Zufälle glaube. Ich habe damals einfach mal etwas gemacht, was sich aus dem Bauch heraus für mich richtig anfühlte – obwohl mein Verstand rebellierte.“ In der Ausbildung zum Systemischen Coach bekommt Susanne nicht nur sehr positives Feedback für ihre gute Wahrnehmung, sondern stellt auch fest: Sie ist hochsensibel. „Es ist mir vieles wie Schuppen von den Augen gefallen, als mir das bewusst wurde“, sagt Susanne. Jetzt steht sie anderen hochsensiblen, selbstständigen Frauen zur Seite mit ihrer Expertise aus der Vergangenheit und Gegenwart. Ganz wichtig ist ihr dabei ein individueller, ganzheitlicher Ansatz. „Das Unternehmen soll zum Leben passen, nicht das Leben zum Unternehmen“, betont sie.