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Selbstreflexion für selbstbewusste Entdeckerinnen

Text: Laura Letschert
Fotos: Laura Letschert, Unsplash
15.04.2021
Journal und Tisch Set-up
Laura Letschert, systemische Coachin & Genki Magazin Redakteurin

Wow, es fühlt sich für mich etwas unrealistisch an, diese Zeilen zu schreiben...doch ja, dreimal kneifen - es ist real. Ich schreibe für dich die ersten Sätze, dieser Genki Selbstentdecker-Reihe und ich freue mich unglaublich!

Jeden Monat wird hier für dich ein Artikel entstehen, der dich einlädt, dich und dein Leben immer wieder auf‘s Neue zu entdecken, dir in verschiedenen Fragestellungen und Themen zu begegnen, einen bestimmten Blickwinkel einzunehmen und andere Facetten an dir kennenzulernen.

Kurz gesagt: Diese Reihe widmet sich deiner Selbstreflexion.

Als Grundsäule der Persönlichkeitsentwicklung begegnet mir Selbstreflexion heute oft in Verbindung mit einer gewissen „Verpflichtung zur Weiterentwicklung“, einem gewissen Ziel, den bekannten Next Steps oder der Frage: „Wie könnte ich es besser machen?“

Dann wird Selbstreflexion schnell zum nächsten To-Do auf unserer schon zu vollen Liste, zu einem Must-have für Erfolg und zu einer Form der Selbstoptimierung. Natürlich schenkt uns Selbstreflexion auch immer wieder die liebevolle Aufforderung zu „Love it, change it or leave it“ und bietet uns damit die große Chance unser Leben so zu gestalten, wie wir es uns wünschen.

Mit dieser Reihe, möchte ich dich ermutigen, besonders deiner weiblichen Energie zu folgen und dir dadurch in erster Linie einen Raum zum Entschleunigen, Innehalten, Wahrnehmen, Erkennen, Wirken und entstehen LASSEN zu schenken – ohne Druck nach Handlung oder Aktionismus, sondern mit Freude und Leichtigkeit!
Die Intention der Selbstreflexion ist es, dir über dich selbst bewusst zu werden – also Selbstbewusstsein zu erlangen.

Selbstreflexion als Lebensart

Aus Genki Sicht ist Selbstreflexion eine lebensfrohe, lustvolle und neugierige Art, sich und der Welt zu begegnen und dabei wahrzunehmen, was entsteht. Unsere Absicht ist es, sich durch die Praxis der Selbstreflexion im alltäglichen Grundrauschen eine bewusste Haltung zu schaffen. Ich schreibe hier bewusst Haltung und nicht Mindset, denn ich finde das Wort Haltung in diesem Zusammenhang viel passender. Es drückt ganzheitlich aus, was wir mit Körper, Geist und Seele spüren und leben.

Diese Selbstreflexionsreihe unterstreicht auch die Werte, die wir mit Genki verkörpern möchten: Achtsamkeit, Tiefgründigkeit, Ästhetik, Wohlbefinden, Neugierde, Vielfalt, Mut und Freude.

Warum:

  • Achtsamkeit, weil sie mit ihrer bedingungslosen Aufmerksamkeit die Grundlage für Selbstreflexion bildet.

  • Mut, weil wir aufgerufen sind, unsere bequeme Komfortzone zu verlassen und uns ehrliche - pure Antworten zu geben. So bringt Selbstreflexion uns weg von der Oberflächlichkeit und führt uns hin zur Tiefgründigkeit.

  • Selbstreflexion fördert unsere Neugierde. Sie schenkt uns differenzierte Perspektiven und eine Vielfalt an Gedanken, die uns helfen, unsere eigene Situation mit mehr Abstand und Weitblick zu betrachten. Sie lädt uns ein über den berühmten Tellerrand zu schauen. So kann manchmal eine einzige Frage Wunder in uns bewirken.

  • Selbstreflexion kann unser Wohlbefinden steigern, indem wir uns wieder mehr spüren, uns wirklich zuhören und unsere Bedürfnisse im Alltagstrubel wahrnehmen.

  • Selbstreflexion kann auch als eine Form der Schönheit und Kreativität verstanden werden, die sich in Wort und Schrift ausdrückt.

Bei Selbstreflexion gibt es kein richtiger oder falsch und kein Recht oder Unrecht.
Du hast die Fernbedienung in der Hand. 

Die eigene Zuschauerin werden

Es ist vielmehr eine Metaebene die uns ermöglicht, Beobachter zu sein und für uns sichtbar zu machen, welche eigene Wahrheit wir uns durch unsere Gedanken und Gefühle aufgebaut haben, welchen Bewertungssystem wir unbewusst folgen, in welchen Kategorien wir denken, an was wir glauben, wie wir uns verhalten (nach Innen und Außen) und welches Leben wir uns dadurch letztlich erschaffen haben.

Du kannst dir hier einen Kinofilm vorstellen, in welchem du die Protagonistin spielst - voll drin in deiner Rolle, deiner Situation, deinen Herausforderungen und Bedürfnissen. Wie bei allen Filmen, sitzen die Zuschauer deines Films gemütlich auf ihrer Couch und kommentieren und bewerten das, was sie sehen, wie sie dich erleben, äußern ihre Vermutungen, fiebern mit, sehen die Handlungen und Ereignisse schon voraus und sind auf eine gewisse Art weiser als du, da sie eben, als nicht Betroffene eine befreiende Distanz haben.

Durch Selbstreflexion hast du selbst auf einmal die Fernbedienung in der Hand und kannst bewusst die Pause Taste drücken, um dich für einen Moment ebenfalls auf die Couch zu setzen – als Zuschauerin deines eigenen Films. Dort kannst du dich kurz zurücklehnen, das Bild scharf stellen und neue Klarheit gewinnen, indem du die Dinge mit diesem veränderten Abstand betrachtest. Ähnlich wie in einem Flugzeug, ergeben sich für dich auf einmal neue Perspektiven, Inspiration und Handlungsspielräume, die du in deiner Rolle zuvor nicht gesehen hast. Durch diese Momente des Durchatmens und des Neusortierens können wir uns als Mensch wieder erkennen. unsere Ressourcen aktivieren, um dann ein Stück leichter und bewusster wieder im eigenen Film mitzuspielen.

Der Schlüssel zu einer liebvollen und radikalen Ehrlichkeit

In unserem Leben drücken wir nicht immer selbst bewusst die Pause Taste, sondern manchmal ist es das Leben oder unsere Mitmenschen, die uns aus dem beschleunigten und unbewussten Autopilot herausholen und uns auffordern einen Moment innezuhalten: Ein Ereignis, eine Begegnung, eine Veränderung, ein Konflikt, eine Trennung, ein Schicksalsschlag. Das kann unbequem und ziemlich erschreckend sein, vor allem dann, wenn wir das Gefühl haben jahrelang ein Leben geführt zu haben, was wir gar nicht wollten, etwas nie ausgesprochen haben etc..

Auch, wenn diese Ereignisse schmerzen können, liegt in ihnen ein große Chance. Eine Chance zu einer liebevollen und radikalen Ehrlichkeit in unserem Leben, die uns einen tiefen Zugang zu uns selbst und auch zu anderen ermöglicht, indem wir nach innen schauen und ohne Verurteilung annehmen, ja sogar liebevoll umarmen, was wir dort entdecken.

Diese liebevolle und radikale Ehrlichkeit bringt uns Befreiung und führt uns zur Wertschätzung, egal ob in den großen oder den alltäglichen Fragen des Lebens. Zum Beispiel die einfache Frage:

Wie geht es dir?

Eine wunderschöne Reflexionsfrage, um innezuhalten, zu spüren und ehrlich anzuerkennen, was ist, die leider heute eher als Alltagsfloskel verwendet wird und auf der wir in vielen Fällen keine ehrliche Antwort geben oder auch bekommen. Natürlich sind wir niemandem eine Antwort oder Rechtfertigung schuldig, aber oft verhindern so unbewusst, echte Verbundenheit und Qualität in unseren Beziehungen und Lebensbereichen.

Es darf leicht sein

Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass Selbstreflexion immer eine gewisse Schwere in sich trägt, die gleichzeitig immer ganz viel aufwirbelt. Nein, ich habe dir Anfangs schon geschrieben, es darf (und soll) leicht sein und Spaß machen. Spaß, dich und dein Leben zu entdecken.

Das Leben bietet dir unendliche Chancen, kleine und große Momente, um dich selbst zu entdecken und etwas über dich zu lernen: alltägliche Erfahrungen, Tätigkeiten, Gedanken, Emotionen, ein Spaziergang, ein Gespräch, eine Reise, ein Erlebnis oder eine andere Kultur, ein einziges Wort oder ein ganzes Buch - alle Lebensmomente laden ein zum Entdecken. Du „musst“ es dir nur bewusst machen.

Folgende Fragen können dich dabei unterstützen:

  • „Was habe ich heute an mir entdeckt?“

  • „Was hat dieses Gespräch in mir ausgelöst?“

  • „Was konnte ich durch diese Reise über mich und meine Denkweisen erfahren?“

  • „Was habe ich heute in der Yoga Stunde über mich gelernt?“

Was du darüber hinaus machen kannst: Reflexionsräume schaffen

Während eines Tages kannst du Reflexionsräume für dich erschaffen und eine kleine Bestandsaufnahme vornehmen: Wie geht es dir jetzt gerade? Nimm dir dafür 5-10 Minuten Zeit. Spüre zu aller erst in deinen Körper. Du kannst dazu die einzelnen Körperregionen durchscannen. Anschließend kannst du spüren welche Emotionen gerade besonders präsent sind und wo sie im Körper verankert sind. Zum Schluss kannst du beobachten, welche Gedanken dich im Hier und Jetzt begleiten. Wichtig: Es gilt nur wahrzunehmen, was du auf Körper, Geist und Seele Ebene gerade erlebst, ohne diese Erfahrung zu bewerten oder gar zu verurteilen. Alles darf kommen und gehen. Nach der Übung kannst du dich fragen: Wie geht es dir jetzt? Was hat sich verändert? Was ist jetzt wichtig für dich?

Weitere Reflexionsübungen für dich

  • Sinnesräume

    Da wir die meiste Zeit des Tages vor allem unseren Sehsinn fordern (überfordern), hat es eine besondere Wirkung, die Augen für diese Bestandsaufnahme zu schließen. Dadurch grenzt du dich ein Stück von der Außenwelt ab und kannst dich leichter mit deiner Innenwelt verbinden. Besonders schön ist es, dich zunächst bewusst mit deinem Atem zu verbinden und ihn nachzuspüren – ohne ihn verändern zu wollen. Nach einigen Atemzügen kannst du dich deinen Sinnen widmen, indem du nacheinander in jeden einzelnen eintauchst und den Moment wortwörtlich spürst, hörst, riechst, schmeckst und siehst (zum Sehen kannst du die Augen wieder öffnen). Du kannst auch nochmal für dich Revue passieren lassen, was du heute schon durch deine Sinne wahrgenommen hast. Im Anschluss machst du eine kurze Reflexion: Wie war diese Übung für dich? Was konntest du über dich erfahren? Was hat dich überrascht?

  • Break through

    Nimm dir in deiner Mittagspause (Tipp: Am besten nach deinem Essen, bei einem Spaziergang an der frischen Luft) ein paar Minuten ohne Ablenkung, um Innezuhalten und für dich zu reflektieren: „Wie bist du bisher durch den Tag gegangen?“ Dazu kannst du auf einer Skala von 1-10 beurteilen, wie zufrieden du mit deinem bisherigen Tag bist (1=unzufrieden;10=sehr zufrieden) und für dich beschreiben, was die Gründe dafür sind. Dann kannst du dich dem noch bevorstehenden Teil des Tages widmen und für dich bestimmen, wie du ihn bewusst für dich gestalten willst?

  • Ge-Danken

    Nimm dir am Ende des Tages ein Blatt Papier und reflektiere für dich in Stille: „Welche Gedanken haben dich heute besonders begleitet?“ „Welche waren besonders laut?“ „Welche kaum hörbar?“ Schreibe dir diese Gedanken(fetzen) auf und nimm wahr, wie es dir mit diesen Gedanken geht. Zu was wollen dich diese Gedanken einladen? Für welchen Gedanken bist du besonders dankbar?

Mach es dir schön. 

Mach es dir schön in deinem Zuhause

Unser eigener Kinofilm beginnt mit unseren Gedanken. Schon Buddha sagte: „Was du denkst, bist du. Was du bist, strahlst du aus. Was du ausstrahlst ziehst du an.“ Selbstreflexion ist ein Weg, um uns unserer Gedanken bewusst zu werden. 

Unser Kopf mit seinen unzähligen Gedanken ist ein eigener Raum und in ihm verbringen wir den ganzen Tag - unser ganzes Leben. Du kannst dir deine Gedanken vorstellen, wie eine dauernd wechselnde Dekoration in deinem Zuhause.

Durch die oben genannte Übungen zur Selbstreflexion schaffst du es, immer Mal wieder bewusst durch den Gedankenraum zu laufen und dir aktuelle Dekoration genauer anzuschauen und dich zu fragen: Welchen Einfluss haben diese ganzen Deko-Elemente auf dich? Wichtig ist es, die Dekoration erst neugierig aus diversen Blickwinkel anzuschauen und sie liebevoll zu würdigen.

Und somit schlagen wir die Brücke zum Anfang des Artikels und der Möglichkeit dich im zweiten oder dritten Schritt dafür zu entscheiden, diese Dekoration entweder zu behalten, auszumisten, umzuräumen, anzumalen oder, oder, oder. Du bestimmst, wer und was dich im Innen und Außen begleiten darf.

Dein Geist, dein Körper und deine Seele sind dein Zuhause, also mach es dir schön!

Entdeckerliebe

Selbstreflexion bedeutet für mich in der Essenz, die Liebe am Selbstentdecken! Ich lade dich in dieser Reihe ein, genau das zu tun, neugierig zu hinterfragen - mit offenem Herzen, wachsamen Blick, Ehrlichkeit, Entdeckergeist und Abenteuerlust!

Am Ende jedes Artikels wird es drei Fragen für dich geben, die genau das in dir fordern und wachkitzeln sollen. Manche Fragen sind auch mal provozierend und werden dich triggern, umso wertvoller deine Antwort und die Schätze, die du in dir entdecken wirst! So stärkst du dein Bewusstsein über dich selbst – dein Selbstbewusstsein.

Was mir ein Herzensanliegen ist: Ich möchte mit dir gemeinsam die Genki-Entdecker-Reihe gestalten: Deine Fragen, Themen und Wünsche sind jederzeit willkommen! Denn zu guter Letzt, entstehen Selbstreflexion und Selbstbewusstsein nicht nur durch Selbstwahrnehmung, sondern genauso durch Fremdwahrnehmung! Ich freue mich auf Perspektivwechsel, sinnstiftende Dialoge, berührende Begegnungen, Reibungen und Diskussionen, in Verbundenheit und mit Unterschieden – denn genau das macht das Leben und das Menschsein aus meiner Sicht lebendig!

Und mit diesen Botschaft beende ich meinen ersten Genki Artikel und somit auch meinen ersten journalistischen Text – was für eine schöne Möglichkeit, um mich selbst wieder neu zu entdecken.

Und als Erstausgaben-Special haben wir für dich...

Dein Entdecker-Booklet