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Zyklusbewusst-sein: Im Einklang mit dem Zyklus leben

Wie es dein Leben positiv verändern kann
Text: Carina Rother
Fotos: Katharina Kubosch
18.05.2022
Katharina Kubosch am Tisch
Der weibliche Zyklus beginnt im Gehirn. Schon gewusst? Das und vieles mehr solltest du über deinen Zyklus wissen. Was es dir bringt, ein Bewusstsein für deinen Zyklus zu entwickeln, das erfährst du in diesem Artikel. Katharina Kubosch, zertifizierter Coach und Expertin für ganzheitliche und naturgemäße Zyklusgesundheit, hat uns zahlreiche Fragen beantwortet und lüftet das Mysterium Zyklus.

Der weibliche Zyklus einfach erklärt

Welche Zykluslänge ist normal? Die Frage stellen sich einige Frauen. Der weibliche Zyklus startet mit dem ersten Tag der Periode und dauert „nach dem Lehrbuch 28 Tage“, so Katharina. „Es ist mir aber wichtig zu betonen, dass das nicht die Regel darstellt, er kann auch zwischen 21 und 34 Tagen andauern. Schwankungen von einem Monat zum anderen bedeuten noch nicht, dass ein Zyklus anormal ist.“ Der letzte Tag im Zyklus ist der vor dem Beginn der Menstruation. Wird keine Eizelle befruchtet, setzt die Periode ein, die über den Zyklus aufgebaute Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen. Der Zyklus beginnt erneut. Die Periodenlänge beträgt im Durchschnitt rund drei bis fünf Tage. Auch hier gibt es unbedenkliche Abweichungen: „Wenn die Periode auf einmal über einen längeren Zeitraum weit mehr als sieben Tage andauert, sollte man sie beobachten und seine/n Gynäkolog:in aufsuchen“, so die Expertin.

Grundsätzlich ist der Zyklus ein Rückkopplungsmechanismus, der auf verschiedenen Ebenen erfolgt: Er beginnt im Gehirn und arbeitet weiter in den Eierstöcken. „Der Taktgeber ist der Hypothalamus“, zeigt Katharina in einer Präsentation „Dieser sendet Signale an die Hypophyse, eine Hormondrüse im Gehirn. Die Hypophyse schüttet Hormone aus, die auf die Eierstöcke wirken. Aufgrund dessen geben die Eierstöcke dann die bekannten Sexualhormone ab: Östrogene und Progesteron.“ Sind die Hormone im Körper im Gleichgewicht, verläuft ein Zyklus normal.

Das Ziel des Zyklus: schwanger zu werden, ein Ei zu befruchten.

(Hinweis der Redaktion/Triggerwarnung: Personen mit einem unerfüllten Kinderwunsch können sich getriggert fühlen. Die Information „Das Ziel des Zyklus […]“ wird hier lediglich als ein Fakt dargestellt, um den Zweck des weiblichen Zyklus zu vermitteln uns soll keineswegs diskriminieren.)

Der Menstruationszyklus bereitet den Körper jeden Monat auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Um ihn hierbei bestmöglich zu unterstützen und gegebenenfalls um fruchtbare Tage zu identifizieren, lohnt es sich, die einzelnen Zyklusphasen und ihre hormonellen Veränderungen genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Wissen rund um deinen Zyklus kann wertvolle Hinweise im Kinderwunsch oder Informationen für die natürliche Verhütung liefern.

Weiblicher Zyklus = Jahreszeiten?

Der Zyklus kann in vier Phasen eingeteilt werden und wird häufig mit den vier Jahreszeiten verglichen:

  • Menstruation: der Winter [Dauer: 3-7 Tage]
  • Follikelphase: der Frühling [Dauer: 7-10 Tage]
  • Eisprungphase: der Sommer [Dauer: 3-4 Tage]
  • Lutealphase: der Herbst [Dauer: 10-14 Tage]

Anhand dieser Phasen können zyklusfreundliche Lebensstilanpassungen vorgenommen werden. „Im zyklischen Winter – also während der Menstruation – stehen Intuition, Reflexion, Loslassen und auch Regeneration im Vordergrund“, berichtet die Expertin. Wie auch im Frühling der Natur beobachten wir im zyklischen Frühling, in der Follikelphase an uns selbst vor allem Neubeginn, Wachstum, Kreation – ein richtiges Aufblühen“. „Der Eisprung kann der perfekte Tag für ein erstes Date oder eine wichtige Präsentation sein“, erzählt Katharina. „Während des Eisprungs sind viele Frauen energetisch. Entfaltung, Verbindung, Offenheit – das sind Themen während dieser Phase.“ Nach dem Eisprung folgt der Herbst, in dem Emotionen, Rückzug, Fokus, Erdung und auch Erkenntnisse dominieren. „Die Phase eignet sich aber auch, um kreativ zu sein – vor allem, wenn sie sich Richtung Menstruation bewegt“, plaudert die 33-Jährige aus dem zyklischen Nähkästchen und sagt „Das wird häufig unterschätzt. Die Zeit vor der Periode ist oft negativ behaftet und wird aufgrund bisheriger Erfahrungen mit Unwohlsein verbunden.“

Es gibt darüber hinaus auch weitere Vergleiche oder Phasen: Im Ayurveda richten sich die Phasen nach den drei Doshas, im TCM arbeitet man mit der weiblichen und männlichen Energie, auch die Mondphasen können im Zyklus eine Rolle spielen.

Zyklusbewusstsein: Was ist das?

Achtsamkeit und Bewusstsein sind Begriffe, die uns im Alltag häufig begegnen. Man kann sich aber oft nicht vorstellen, was damit konkret gemeint ist und welche Handlungen daraus resultieren können. Was Achtsamkeit im Kontext Zyklus bedeutet, löst Katharina auf.

Ein Bewusstsein für den eigenen Zyklus zu entwickeln – worum geht es dabei? „Es geht darum, eine Situation, einen Zustand bewusst wahrzunehmen und zu prüfen, was du gerade brauchst und was dir guttut.“ Das ohne Ablenkung und ohne Bewertung. Genau dieses Beobachten und Wahrnehmen wendest du auf die genannten Phasen deines Zyklus‘ an. „In der Theorie klingt das schön und einfach, aber in der Praxis – so glaube ich – ist das genau die Herausforderung vieler Frauen, erstmal den Zugang zum eigenen Zyklus zu finden.“ Individuelle Maßnahmen und Wege zu etablieren ist dann der zweite Schritt. Sie können es ermöglichen, das Zyklusbewusstsein auch im Alltag zu leben.

Katharina hat ein typisches Beispiel mitgebracht, wie Zyklusbewusstsein im Alltag aussehen kann: „Vor dem Eisprung sind viele Frauen kreativ und energetisch. Wenn der Eisprung stattgefunden hat, dominiert das Hormon Progesteron. Das ist dafür zuständig, dass die Körpertemperatur ansteigt. „Dafür benötigt der Körper Energie, logisch oder?“ Logisch. Diese fehlt möglicherweise dann an anderer Stelle. „Wenn man sich seines Zyklus bewusst ist, dann kann man sich in dieser Phase zurückziehen, sich Unterstützung im Außen suchen und Ressourcen und Energien schonen – soweit es möglich ist.“ 

Übrigens kann Zykluswissen und -bewusstsein auch in der Partnerschaft und im Job eine echte Bereicherung sein. Zyklusbewusstsein kann für jeden anders aussehen. Wie, das gilt es für sich selbst herauszufinden.

Das bedeutet für mich Zyklusachtsamkeit: zu wissen, in welcher Zyklusphase befinde ich mich, welches Bedürfnis habe ich und was kann ich für mich tun.

Tipps und Tricks, um Zyklusachtsamkeit zu leben

„Leider setzen sich Frauen oft erst mit ihrem Zyklus auseinander, wenn es Unregelmäßigkeiten gibt oder eine gewünschte Schwangerschaft unerfüllt bleibt“, sagt die Frankfurterin. „Mein Ziel ist es, dass Frauen sich schon viel früher – nämlich, wenn alles in Ordnung ist – mit ihrem Körper und ihrem Zyklus beschäftigen.“ „Es lohnt sich zu jeder Zeit sehr, achtsam im und mit dem Zyklus umzugehen, auch wenn es anfangs vielleicht schwerfällt.“ Viele Frauen nehmen jahrelang die Pille, der Zyklus erscheint regelmäßig und beschwerdefrei. Das große Erwachen kommt dann beim Absetzen der Pille, denn unter der hormonellen Verhütung hat man keinen natürlichen Zyklus – er wird von außen gesteuert.

Katharina hat wertvolle Tipps für dich, wie du in die Achtsamkeit starten kannst:

  • 1. Finde heraus, was deine zyklischen Bedürfnisse und deine Lebensbedürfnisse sind:

    Im ersten Schritt sollte man sich mit dem Zyklus sowie seine hormonellen Abläufe und fruchtbarkeitsweisenden Zeichen beschäftigen und lernen, sie zu verstehen - zum Beispiel mit Hilfe der NFP-Methode nach Sensiplan oder der symptothermale Methode. Hierdurch bekommt man ein Gefühl für die eigene Zyklussprache. Neben dem für die meisten eindeutigsten Zeichen, der Blutung, liefert der Zyklus aber auch weitere Hinweise. Das Erlernen der Zyklusabläufe ist ein gutes Tool, um ebenso einen Zugang zu sich selbst und seinen zyklischen Bedürfnissen zu finden. Lebensbedürfnisse wie Liebe oder Selbstverwirklichung vermischen sich mit den zyklischen Bedürfnissen. Sie können sich beispielsweise während des Zyklus verstärken. Folgende Frage kann erste Impulse setzen und wertvolle Erkenntnisse liefern: Wie sehr und in welchen Lebensbereichen lebe ich in meinem Rhythmus?

  • 2. Ein Zyklustagebuch führen:

    Hier geht es nicht nur darum, Daten zu sammeln, sondern ein Gefühl für den Zyklus zu entwickeln. Du kannst dir ein Stimmungsbarometer notieren und jeden Tag aufschreiben, wie du deinen Zyklus wahrnimmst. Für den Einstieg in eine achtsame Wahrnehmung empfiehlt Katharina offline – also mit Stift und Papier, zum Beispiel mit einem Zyklusplaner – zu arbeiten, da in den Zyklus-Apps neben der Möglichkeit, Notizen zu machen, oft auch Voraussagen gemacht werden. Allerdings kann man einen Eisprung nicht voraussagen. Das verwirrt insbesondere, wenn man am Anfang der Zyklusachtsamkeit steht.

  • 3. Zyklusphasen für Stressmanagement nutzen:

    Wenn du Stress hast, schau einmal, in welcher Phase du dich aktuell befindest und was du brauchst. Konsultiere auch deine innere zyklische Beraterin, wenn du zum Beispiel einen wichtigen Termin hast. Ist dieser innerhalb deiner vierten Zyklusphase datiert und du benötigst in dieser Zeit viel Rückzug, kannst du ihn vielleicht verschieben oder überlegen schauen, was du aktiv für dich tun kannst, dass es dir dabei trotzdem gut geht. „Viel wichtiger als das akribische planen von Terminen ist meiner Ansicht nach ein entsprechendes Bewusstsein“, betont Katharina.

  • 4. 2-5 Minuten atmen:

    Lasse den Moment sein und atme. Nimm dir jeden Tag ganz bewusst Zeit, dich auf deine Atmung zu fokussieren und loszulassen. Das tut deinem gesamten Zyklus-Geist-Seele-System gut und schafft Raum für Achtsamkeit.

Indikatoren für einen anormalen Zyklus

„Der Zyklus wird manchmal als das fünfte Vitalzeichen bezeichnet. Das finde ich sehr passend.“ Vitalzeichen sind „die von außen wahrnehmbaren Lebensfunktionen eines Organismus. Die wichtigsten Vitalzeichen des Menschen sind Atmung, Herztätigkeit (vertreten durch Blutdruck und Puls), Bewusstsein und Körpertemperatur.“ „Wenn etwas mit unserer Atmung nicht stimmt, reagieren wir sofort. Das ist selbstverständlich. So sollte es auch sein, wenn etwas mit dem Zyklus nicht in Ordnung scheint“, sagt Katharina.

Woran kann man merken, dass etwas nicht stimmt? „An der Länge des Zyklus. Ist er außergewöhnlich lang oder kurz. Oder an der Basaltemperatur, die Körpertemperatur am Morgen direkt nach dem Aufwachen gemessen. Wenn diese regelmäßig unter 35 Grad ist, kann es ein Hinweis auf eine mögliche Unterfunktion der Schilddrüse sein“, erklärt der Coach. „Auch das Menstruationsblut ist ein Indikator: Ist es hell oder dunkel, wie viel Blut gibt es, gibt es Klumpen? Ebenso wie Schmerzen, PMS-Beschwerden und natürlich eine ausbleibende
oder unregelmäßige Periode.“

Faktoren, die den Zyklus beeinflussen

Da gibt es einige Faktoren, auf die wir mal mehr oder weniger Einfluss haben. Dazu gehören:

  • Ernährung
  • Vitalstoffe
  • Umweltgifte
  • Hormone
  • Infekte
  • Äußere und innere Stressoren
  • Persönliche Krisen
  • Bewegung
  • Routinen

Ein Hinweis von der Redaktion: Einige hier genannte Faktoren werden in weiteren Artikeln im Detail aufgearbeitet. Darum an dieser Stelle zunächst einmal eine Auflistung, die einen Überblick geben soll.

„Wir alle sind inneren und äußeren Stressoren ausgesetzt und nicht vor allen können wir uns schützen. Aber das Bewusstsein für die Faktoren, lässt uns jene justieren, die wir verändern können“, ist es Katharina wichtig zu erwähnen. „Man kann, wenn man in der Großstadt lebt, häufiger den Weg in den Wald suchen. Das stärkt das Immunsystem“, erzählt die Expertin und gibt noch einen wichtigen Hinweis: „Kurz vor der Periode oder vor dem Eisprung ist das Immunsystem oft nicht so kräftig, da ist man also anfällig für Krankheiten. Darum ist in diesen Momenten ratsam, einen Gang runter zuschalten.

Verbinde Zyklus, Geist und Seele – das ist Katharinas Motto. Warum ist es wichtig, dies zu tun? „Ich bin überzeugt, dass die (Zyklus-)Gesundheit nachhaltig von der Balance zwischen Zyklus, Geist und Seele profitiert und wir uns im Gleichgewicht vollständig wohlfühlen können. Alle drei Komponenten spielen eng zusammen. Wir sind mehr als unser Körper. Mit etwas Zeit, Geduld und Vertrauen kann man seinen ganz persönlichen Rhythmus finden und im Einklang mit den (zyklischen) Bedürfnissen leben.“

Zyklusbewusstsein: Im Einklang mit dem Zyklus leben Wie es dein Leben positiv verändern kann
Katharina Kubosch, 33 Jahre alt, in Frankfurt am Main lebend, ist zertifizierter systemischer Coach und spezialisiert auf ganzheitliche Zyklusgesundheit. Ihre Herzensmission ist es, Frauen zu mehr Wissen über ihren Körper, den Zyklus und die eigenen Bedürfnisse zu verhelfen, um damit die Basis für mehr Selbstwirksamkeit zu schaffen und den Weg für selbstbewusste Entscheidungen zu ebnen. Der Fokus ihrer Coachings liegt auf Stressbewältigung, Resilienz und Bewusstseinsarbeit sowie der mentalen Begleitung im Kinderwunsch. In ihren Beratungen und Workshops vereint sie Wissen rund um NFP, Zyklusbewusstsein sowie einen zyklusorientierten Lebensstil.