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Von unerfüllten Erwartungen und unerwarteten Lektionen

Ein Rückblick auf diesen Sommer
Text: Carina Rother
05.09.2023
Carina Rother_Editors Letter_August 2023
Du kannst Erwartungen haben und dennoch kommt es manchmal anders als du es erwartest, es dir wünschst. Was kommt dann? Wie reagierst du?

Dieser Sommer war wirklich gänzlich das Gegenteil von dem, was ich mir ausgemalt habe. Und das hat mich enttäuscht, sehr sogar. Mit dieser Enttäuschung umzugehen, war für mich ebenso schwer wie die Tatsache an sich. Während meine Freund:innen sich an den Stränden Europas vergnügten, das Glück, das Leben und die Liebe genossen – blieb ich in Weinstadt, den ganzen Sommer lang. Und habe on top noch drei neue Rollen zugeteilt bekommen, weil mein Freund einen Unfall hatte – bei einem Ausflug, der so oder so schon einen Streit ausgelöst hat. Ich war nun neben meinen Rollen als Freundin und Selbstständige, Personal Assistent, Krankenschwester, Bauleiterin. Und damit ganz schön sauer.

In diesem Sommer hatten wir – neben dem finalen Umbau unseres Hauses – eine ganz besondere Reise geplant: Ich wollte zwei Wochen in der Schweiz verbringen – dort, wo mein Vater lange Zeit gelebt hat, als ich Teenager war und unser Verhältnis enger hätte sein können. Mein Vater ist letztes Jahr verstorben und ich habe so viel verstanden: über ihn, seine Person, warum er gehandelt hat, wie er an manchen Stellen gehandelt hat. Mein Wunsch für diese Reise war es, ihm einfach nochmal nahe zu sein. Mich an den Orten zu tummeln und zu genießen, an denen er es auch gemacht hat. Gestrichen.

Gleichzeitig sollte das Haus endlich fertig, endlich war es zum Greifen nahe nicht mehr in einem Schuhkarton zu wohnen. So, wie ich es nun seit zwei Jahren mache. Und ja, das mag vielleicht nach privilegierten Problemen klingen, aber es sind meine Probleme. Ich habe es so satt auf 40qm zu zweit zu arbeiten, zu leben, zu streiten, zu lieben, zu erleben. Denn Raum ist für mich Freiheit. Raum bedeutet für mich Leichtigkeit. Das sind zwei meiner bedeutendsten Werte, die ich in meinem eigenen Zuhause nur begrenzt lebe.

Habe ich mir das „Elend“ manifestiert?

Fest steht: Ich habe super viel daraus gelernt. Meine Erkenntnisse:

  • Ich bin unabhängig. Egal, was im Außen ist.
  • Meine Grenzen dürfen kommuniziert und gesehen werden.
  • Ich bin stark.
  • Auch wenn es anders kommt, als man denkt, ist dort Raum für Freude, Spaß, Leichtigkeit.
  • Neue Routinen lassen sich schnell etablieren, wenn man diszipliniert ist.

Neben Freiheit und Leichtigkeit steht die Unabhängigkeit in den Top 3 meiner Werte-Liste. Dieser Sommer hat mir gezeigt, dass auch, wenn ich vermeintlich abhängig im Außen bin – wie zum Beispiel über den Unfall, die wirkliche Unabhängigkeit in mir ist. Frei von Bedingungen, Situationen, Momenten. Ich kann IMMER unabhängig sein. Wie geil ist das? Die Erkenntnis darf ich nun in meinen Alltag integrieren. Und ich bin gespannt, was das zukünftig auslöst.

Grenzen: Ich kann schon lange „Nein“ sagen und weiß ganz genau, wo meine Grenzen sind. Ich darf zwar nach wie vor üben, sie noch besser zu achten. Aber ich kann sagen, hier habe ich schon vor diesem Sommer deutliche Fortschritte gemacht. Und das bringt so viel Freiheit und Gelassenheit. Doch jetzt: Sommer 2023 später, weiß ich, dass ich sie auch halten darf, auch wenn sie nicht akzeptiert werden. Ich muss nicht einknicken, beispielsweise weil mein Gegenüber sie nicht nachvollziehen kann.

Yes, Girls! Ich bin stark. Bisher habe ich das im Business-Kontext schon sehr gut wahrgenommen und mich wirklich stark gefühlt, aber nun habe ich es auch noch mal auf privater Ebene gespiegelt bekommen. Was ich alles gerockt habe, wie viel ich parallel geschafft habe, mich im Minutentakt in unterschiedlichste Themen gedacht habe und Entscheidungen getroffen habe: Großartig! Ich will nicht sagen, dass es für meine Person der optimale Zustand ist, aber diesen Extrem hat mir gezeigt: Ich bin stark.

Und in dem Status Quo, in dem ich gesteckt habe, habe ich trotzdem Momente der Freude, Leichtigkeit, des Spaßes gehabt – auch, wenn ich meinen neuen Bikini eindeutig zu wenig der Welt präsentiert habe. ;) Ich habe Weinfeste genossen, war im Freibad in Beutelsbach, habe Besuch von wundervollen Freund:innen erhalten, hab Support erfahren, habe laut gelacht.

Außerdem habe ich neue Routinen etabliert: Schlafroutinen angepasst und ich bin endlich wieder wirklich sportlich. Wie cool ist das? Sport ist seit ich vier Jahre alt war ein fester Bestandteil meines Lebens, aber im letzten Jahr, habe ich keine feste Routine reinbekommen – neben meinen Yoga-Session. Ich bin stolz auf mich, was ich schon in wenigen Wochen erreicht habe, wie sich mein Körper für mich besser anfühlt, ich mich wohler und auch fitter fühle.