Das ist eine schöne Frage. Ich würde gar nicht sagen, sie brauchen ein spezielles Coaching. Aber es ist einfach so, dass durch das Baby und die Mutterschaft eine völlig neue Rolle hinzukommt. Vor allem beim ersten Kind ist das ganz neu und da ist es hilfreich, wenn man sich bewusst macht: Was verändert sich gerade? Ich bin ja auch nach der Geburt nicht nur Mama, ich habe immer noch die anderen Rollen – die der Partnerin, vielleicht die der Führungskraft oder Vorständin. All diese Rollen zu vereinbaren und sich mit den körperlichen Veränderungen auseinanderzusetzen, kann eine große Herausforderung sein.
Es ist außerdem ganz natürlich, dass sich die Welt auf einmal komplett um das Baby dreht und wir der Versuchung erliegen, die Aufmerksamkeit vollständig auf das Kind zu lenken. Dadurch entfernen wir uns aber von uns selbst und gehen vielleicht auch über unsere Grenzen.
Ich glaube, die Hauptpunkte sind die Fragen: Wie bleibe ich in meiner Kraft und wie schaffe ich die Balance zwischen Ich-sein und Mama-Sein? Ansonsten ist Partnerschaft immer ein Thema, weil sich Sexualität natürlich auch verändert. Ich meine damit nicht nur Sexualität als klassischen Geschlechtsakt, sondern gerade in der Zeit nach der Schwangerschaft kann Sex auch sein, wenn man sich einfach berührt und in den Armen hält. Wenn man sich Räume schafft, wenn man wirklich miteinander redet.
Der nächste Punkt ist dann die Frage, wie man den Weg zurück in den Berufsalltag schafft – mit all den neuen Herausforderungen und Prioritäten. Mit dem Schlafmangel, vielleicht auch mit dem schlechten Gewissen.
Am wichtigsten ist es, den eigenen Anspruch runter zu schrauben. Außerdem sich Termine zu setzen und dann auch diese eine Sache zu machen, die man geplant hat. Das kann einfach sein, dass man meditiert, Yoga macht, spazieren geht, sich mit einer Freundin trifft, was auch immer. Es sollte in jedem Fall etwas sein, was man wirklich nur für sich selbst macht – und das dann auch zu 100 Prozent.
Es sind vielleicht nur fünf Minuten, vielleicht ist es eine Stunde. Und in dieser Zeit ist man mit der ganzen Aufmerksamkeit dabei. „Ich bin mit dem Geist dort, wo meine Füße sind“, das ist für mich ein super Spruch.
Wenn meine Füße beim Spaziergang sind, dann ist auch meine Aufmerksamkeit dort. Ich kann schauen, welche Gedanken dort auftreten und nehme sie wahr, ich verharre aber nicht mit ihnen. Meine Aufmerksamkeit bleibt dann nicht beim schlechten Gewissen meinem Kind oder Partner gegenüber – und sie ist auch nicht bei der Frage, was ich später koche. Diese Zeit sollte man ganz bewusst wählen und das Andere zwar wahrnehmen, es aber dann auch loslassen und wieder zurück ins Hier und Jetzt kommen.
Ich habe eine Challenge ins Leben gerufen: 21 Mornings. Da geht es einfach nur darum, dass man sich für 21 Tage eine Zeitspanne vornimmt, die machbar erscheint. Wenn es nur drei mal drei Minuten sind, dann habe ich immerhin neun Minuten für mich selbst. Dann kann ich drei Minuten meditieren, drei Minuten Dehnungsübungen machen, mich drei Minuten mit einem Kaffee vor die Tür setzen. Diese Zeit haben wir alle. Es geht nur darum, wie wir sie einteilen bzw. muss die Zeit organisiert werden. Das ist der Unterschied zwischen Mamas und Nicht-Mamas: Es gibt einen größeren Organisationsaufwand.
Ich schlage vor, es mal auszuprobieren, in meinen Augen ist es ein absoluter Gamechanger. Wir denken so oft, es muss etwas ganz Großes sein: Ein Tagesausflug, 15 Stunden in einem Wellnesshotel usw. Aber wenn wir uns diese bewussten Zeiten für uns nehmen, kann sich schon eine Menge verändern.
ob Mama oder Nicht-Mama: Ich glaube, den größten Struggle haben wir immer mit uns selbst und unseren Gedanken. Und damit, wie wir noch besser sein könnten. Wenn wir ehrlich und transparent zu uns sind und merken, wir haben ein schlechtes Gewissen, dann können wir es zum Beispiel aufschreiben. Was ist in meinem Kopf und verurteile ich mich auch noch in meinen Gedanken? Diese Erkenntnis hilft schon. Gedanken des schlechten Gewissens wahrzunehmen und ihnen aber auch ein Zeitlimit und einen Rahmen zu geben. Ihr dürft da sein und ich höre auch offen zu und dann dürft ihr auch wieder gehen, gerade dann, wenn sie destruktiv sind und mir meine kostbare Kraft rauben. Wir wollen ja nicht gegen uns arbeiten.
Außerdem geht es wieder um „Ich bin da, wo meine Füße sind.“ Wenn ich beim Kind bin, dann bin ich beim Kind – und nicht am Handy. Dann stellt sich das schlechte Gewissen auch weniger ein, wenn ich später im Büro bin. Wenn ich am Schreibtisch bin, bin ich dort. Und wenn ich bei meinem Kind bin, dann bin ich ganz da. Bewusstheit ist da das Schlüsselwort.
Ja, unbedingt. Ich glaube, in der Zeit der Schwangerschaft und auch danach ist es sehr wertvoll, die eigenen Gedanken und Gefühle zu teilen. Mit Freundinnen, mit anderen Müttern, mit den Partner:innen. Dass man nicht eine Maskerade aufrechterhält und so tut, als sei man perfekt und müsse immer alle Bälle in der Luft halten. Du darfst auch mal verletzlich sein und du darfst auch mal alle Bälle fallen lassen. Und durch den Austausch merken wir, dass es anderen Frauen genauso geht.
Auch hier rate ich, über den Tag bewusst Auszeiten zu schaffen. Wenn das Baby schläft, dann lege ich mich auch hin und denke nicht: Jetzt habe ich die Gelegenheit, um Wäsche zu machen und den Haushalt zu schmeißen. Stattdessen lege ich mich hin, mache einen Powernap, stelle vielleicht einen Wecker. Ich setze mich selbst an erster Stelle vor den Haushalt, vor andere Erledigungen und sehe zu, dass ich wieder in meine Kraft komme.
Es ist einfach so: Wenn unser Akku leer ist, dann funktionieren wir nicht mehr. Stellen wir uns unser Energiefass vor, zum Beispiel als ein Fass mit Trinkwasser. Wenn wir immer nur Anderen Wasser geben, dann bleibt nichts mehr für uns übrig, dann verdursten wir. Dann können wir keine Leistung mehr bringen, dann sind wir nur noch müde. Es ist wichtig, dass wir unser Energiefass füllen, damit wir wieder Kraft für Andere haben.
Es ist wie im Flugzeug, wo man sich selbst zuerst die Sauerstoffmaske aufsetzt, bevor man anderen hilft. Es kann nur so funktionieren. Es bringt niemandem etwas, wenn du deine Kräfte überschätzt und irgendwann flachliegst. Dann ist es nur ein größerer Kraftakt, wieder leistungsfähig zu werden.
Ich glaube, dass sie viel mehr in die Verantwortung geholt werden möchten und auch können. Es geht darum, als Mama zu sagen: Es ist auch dein Kind. Auch du weißt, was unserem Kind gut tut. Vielleicht machst du es anders. Vielleicht dauert es eine oder auch fünf Minuten länger, bis du es beruhigt hast – aber du schaffst es und du machst es auf deinem Weg. Die Männer und Partner:innen können das und sie wollen das, es ist ja so schön, dass sich da gesellschaftlich schon viel geändert hat. Ich glaube, das ist eine unterschätzte Ressource.
Es ist superwichtig, das einfach wahrzunehmen. Deshalb ist es auch so wichtig, in einer guten Verbindung zu sich selbst zu sein. Dann kann ich es noch wahrnehmen, bevor der Vulkan ausbricht und ich das Kind vielleicht anschreie. Im zweiten Schritt kann ich dann in die Atmung gehen, das ist ein Anker, den ich immer dabei habe.
Ich kann zum Beispiel beim Einatmen bis drei zählen und beim Ausatmen bis vier, das ist ganz simpel. Oder ich lege die Hände auf den Brustkorb oder auf den Bauch, und dann atme ich in meine Hand. Das sind so First-Aid-Kits, die schnell helfen.
Wenn es doch passiert, dass wir mal schreien oder unfair sind, sollten wir nicht in die eigene Verurteilung gehen. Auch wenn du eine Mama bist, bist du auch nur ein Mensch. Das kann passieren und wir müssen uns erlauben, dass es passiert. Dann ist es gut, sich beim Kind zu entschuldigen – auch wenn es noch ganz klein ist. Das Kind spürt ist, wenn wir uns einfach entschuldigen und die Situation erklären. Das verschafft Klarheit und Transparenz für uns und für das Kind.
Es ist eine ganz besondere Zeit und man hat die Möglichkeit, sie ganz bewusst wahrzunehmen. Einfach beobachten, was da passiert, welche Themen hochkommen. Gerade im ersten Trimester sind es oft Ängste, Bedenken und Sorgen, die verborgen waren und sich jetzt zeigen dürfen.
Auch unser Körper zeigt, dass wir herunterfahren sollen, dass wir uns schonen – weil der Körper das Nest für das Baby ist. Durch Corona hatten viele Mamas, mit denen ich gearbeitet habe, sofort Beschäftigungsverbot und konnten den Fokus ganz auf sich legen: Wie verändert sich der Körper, welches Verhältnis habe ich zu ihm? Wie kann ich mit meinem Kind in Kontakt kommen und wie kann ich die Partnerschaft bewusst erleben und gestalten.
Es ist super, sich ganz bewusst Paarzeit zu nehmen und sich auszutauschen. Vielleicht mit dem Kartenset, das ich entwickelt habe. Da geht es unter anderem um Fragen wie: Wie wollen wir die kommende Zeit gestalten? Wie schaffen wir es, Paar zu bleiben? Welche Ängste hast du, welche habe ich? Es ist eine wunderschöne Zeit, die so viel Potenzial hat und ich finde es immer so schade, wenn dieses Potenzial liegengelassen wird. Viele Frauen denken, sie seien durch die Schwangerschaft gehandicapt und müssten trotzdem mit gleicher Leistung weitermachen. Es ist nichts, was man verliert, sondern eine Chance, die man gewinnt.
Aber natürlich gibt es auch Phasen, in denen man sagt: „Ich weiß, ich habe ein Wunder im Bauch und das ist toll – aber ich kann es gerade nicht genießen, weil ich mich nur dick und unwohl fühle.“ Auch hier hilft ehrlicher Austausch, man kann sich eine Schwesternschaft mit anderen Schwangeren schaffen und sich gegenseitig unterstützen.
Ich wünsche mir einfach, dass Frauen die Zeit der Schwangerschaft und auch danach als eine wirklich besondere Zeit sehen – und wahrnehmen, dass es eine wirklich besondere Situation ist. Ich treffe oft Mamas, die sagen: „Ich bin einfach nur noch Mamas, sonst nichts.“ Und ich könnte jedes Mal einen Hofknicks machen und erstarren, weil die Frauen in meinen Augen so kraftvoll sind.
Ich glaube, das Mamasein ist nichts, was einem etwas nimmt, weil man so viel zu Hause ist und sich „nur“ um das Kind kümmert: Es ist wirklich etwas, was wir zusätzlich geschenkt bekommen. Sei es, dass wir diese kleinen Lehrmeister:innen zuhause haben. Sei es, dass ich die Zeit nutzen kann, um mich stärker mit mir zu verbinden oder um meine Partnerschaft zu stärken. Ein gutes Fundament ist einfach wichtig, in mir und in meiner Beziehung: Dann können wir einfach das Baby empfangen und die Zeit genießen.