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Kalt duschen: Für einen Mindset-Shift und frischen Glow

Text: Julia Felicitas Allmann
09.03.2023
Frau in Dusche
Stell dir vor, du startest mit frischem Kopf und voller Mut in den Tag. Dein Körper pulsiert und du glaubst, du kannst heute alles schaffen. Klingt gut? Dann probiere es aus – du brauchst dafür nur kaltes Wasser.

Es ist eine krasse Erfahrung, jedes Mal aufs Neue. Es kostet erst Überwindung, dann kribbelt es in meinem ganzen Körper. Aus meinem Mund kommt eine Art „Uuuwaaaaah“ – und dann fühlt es sich richtig gut an. Nein, ich rede nicht von einem Fallschirmsprung, sondern von der kalten Dusche am Morgen.

Seit etwa sechs Jahren ist es für mich der Normalzustand, den Hebel der Dusche auf das blaue Ende zu drehen. Ganz ans Ende, nicht in die lauwarme Mitte. Angefangen hat das, als ich damals ein ganzheitliches Wellness-Programm durchlief, in dem plötzlich stand: „Dann nimmst du eine kalte Dusche – für den Frühlings-Glow“. Ich stockte und konnte es mir nicht vorstellen. Aber ich war committed, das Programm durchzuziehen, also probierte ich es aus. Und seitdem habe ich es nicht mehr losgelassen. Weil es mir einfach so unfassbar guttut.

Mindset-Shift durch die kalte Dusche

In meinen Augen passiert einer der größten und wichtigsten Effekte im Kopf. Auch nach sechs Jahren denke ich mir fast jeden Morgen: „Nein, heute nicht. Heute geht es nicht, heute schaffe ich es nicht.“ Und auch wenn es mal Tage gibt, an denen ich dann doch aufs warme Wasser switche (mehr zu meinen Ausnahmen und Ausreden später), traue ich mich meistens dann doch. Ich gehe einfach in die Dusche, drehe das Wasser auf, beginne an den Füßen und stelle mich dann komplett in die Kälte. Und: Natürlich geht es, natürlich schaffe ich es – auch heute wieder.

Das ist ein Gefühl, die mich durch den ganzen Tag begleitet. Egal, welche Challenge wartet: Ich kann es schaffen, auch heute wieder. Egal, mit welchem negativen Glaubenssatz ich im weiteren Tagesverlauf konfrontiert werde, ich habe früh am Morgen einen Gegenbeweis gesammelt: Ich kann es schaffen. Ich habe die Power, ich habe den Willen, ich ziehe es durch. Und natürlich war es am Ende gar nicht so schlimm wie gedacht.

So hat mich die kalte Dusche schon so oft durch schwierige Situationen im Business gebracht, durch toughe Phasen mit zwei kleinen Kindern, durch Zeiten von hohem Mental Load und langen To-do-Listen. Wenn ich es am Morgen wieder schaffe, unters kalte Wasser zu treten, ist auch der Rest machbar. Ich spüre das Kribbeln schon, wenn ich diese Zeilen schreibe.

Kaltes Wasser stoppt das Gedankenkarussell

Was mich außerdem immer wieder beeindruckt: In dem Moment, in dem das kalte Wasser über meinen Kopf fließt, stoppt dort das Gedankenkarussell, das zu diesem Zeitpunkt schon längst Fahrt aufgenommen hat. Ich denke kurz nicht darüber nach, wie viele Whatsapp-Nachrichten ich noch beantworten sollte, was der Große heute mit zur Kita nehmen muss, welcher Call heute im Job als erstes ansteht. Ich denke einfach nur: „Kalt, kalt, kalt.“

Dann schüttele ich mich einmal, wickle mich in ein wärmendes Handtuch ein und gebe mir innerlich ein High Five. Erst dann dreht das Gedankenkarussell die nächste Runde – wenn ich Glück habe, immerhin mit etwas weniger Tempo.

Was kalte Duschen dem Körper bringen

Abgesehen vom Geist kann auch dein Körper profitieren, wenn du auf kaltes Wasser setzt:

  • Natürlich macht es wach, morgens kalt zu duschen. Das ist nicht nur ein Gefühl, sondern ein nachvollziehbarer Prozess im Körper: Kaltes Wasser stimuliert das sympathische Nervensystem, wodurch der Organismus kurz in Stress versetzt wird und so in einen wacheren Allgemeinzustand kommt.
  • Es gibt nicht besonders viele Studien, die den Zusammenhang zwischen kalten Duschen und einem starken Immunsystem belegen. Aber immerhin kam eine Untersuchung aus den Niederlanden zu dem Schluss, dass die Proband:innen, die täglich kalt duschten, sich später um ein Drittel weniger krankmeldeten als warmduschende Vergleichspersonen.
  • Die Haut kann besser werden, wenn sie nur kalt geduscht wird. Viele Expert:innen raten ohnehin, nicht täglich zu duschen – und wenn, dann nicht zu lange und nicht zu heiß. Da eine kalte Dusche vermutlich kürzer ausfällt als eine warme, wird der Säureschutzmantel der Haut weniger stark angegriffen.

Was noch hinzu kommt: Gerade in Zeiten der Energiekrise kannst du natürlich ziemlich viel Geld sparen, wenn du auf warmes Wasser verzichtest. Das nur nebenbei gesagt, mir fehlte dieser Ratschlag in der ganzen Debatte ehrlich gesagt.

Wer auf die kalte Dusche verzichten sollte

Wie eben schon angedeutet, gibt es auch bei mir Ausnahmen – auch wenn ich noch so großer Fan von kaltem Wasser bin. In meinen beiden Schwangerschaften habe ich darauf verzichtet (obwohl mich meine Hebamme später auslachte, als ich sie fragte, ob es dem Baby schaden könnte), da fühlte ich mich einfach überhaupt nicht danach. Auch wenn ich krank bin, lasse ich es oft. Dann dusche ich gerne mal richtig heiß und lange – und ich kann es dann unfassbar genießen. Auch das ist ein Vorteil, wenn die kalte Dusche der Standard ist: Wir lernen es zu schätzen, das warme Wasser voll aufzudrehen. Dieses Privileg wird sonst so oft als Selbstverständlichkeit betrachtet.

Tatsächlich empfehlen Expert:innen, bei Erkältungen und anderen Infekten auf die kalte Dusche zu verzichten, weil es den Körper stresst. Auch bei Herzbeschwerden, Nervenerkrankungen oder Kreislaufkrankheiten sollte man lieber auf warmes Wasser setzen. Und immer wieder liest man, dass Frauen während der Menstruation nicht zu kalt duschen sollten – auch wenn dazu Studien fehlen. Wenn du Bedenken hast, was deinen Gesundheitszustand angeht, sprich am besten mit Arzt oder Ärztin, oder taste dich langsam heran.

Spüre die Glückshormone – und die Spiritualität

„Die Wissenschaft sagt, dass es nach Kälteanwendungen zur Ausschüttung von Glückshormonen kommt“, dieses Zitat habe ich mal aus einem Magazin ausgeschnitten, weil es mich so angesprochen hat. Und auch wenn es in dem Text eigentlich um Eisbäder ging, denke ich morgens so oft daran, wenn ich unter die Dusche steige. Ich weiß, dass die Glückshormone kommen – wenn schon nicht während des Duschens, dann immerhin danach.

Wenn mir die Überwindung mal ganz schwerfällt, dann stelle ich mir die Momente im kalten Wasser als spirituelle Erfahrung vor. So wie ein Bad in einem kalten See früh am Morgen. Oder eine Runde im Meer, obwohl gar kein Sommer ist. Das lässt uns die Verbundenheit zur Natur ganz extrem spüren und auch wenn die Dusche kein besonders naturnaher Raum ist, kann sie ein solches Gefühl erzeugen. Das kalte Wasser sorgt jedenfalls dafür, dass wir in diesem Moment ganz bei uns sind. Und auch das ist ja eine spirituelle Erfahrung.

Und wenn wir tatsächlich mal morgens am See oder im Herbst am Meer sind, fällt das Schwimmen in dieser echten – und kalten – Natur auch gar nicht mehr schwer. Früher war ich wirklich eine dieser Personen, die selbst im Hochsommer ewig brauchte, bis sie mal über den Bauchnabel hinweg im Mittelmeer war. Heute? Gar kein Problem, ich tauche direkt unter.

Ja, auch du kannst das!

Wenn ich jemandem erzähle, dass ich kalt dusche, bekomme ich oft sofort Bedenken und Gründe geliefert, warum mein Gegenüber das nicht kann. Zum Beispiel: Bei der besonderen Struktur der Haare würde es nicht gehen. Da kann ich nicht immer etwas erwidern, meinen recht feinen Haaren tut es gut, ich habe aber auch eine Freundin mit dicker Mähne, die extra ihren Friseur gefragt hat, ob es schaden kann – das könntest du auch tun, wenn du Zweifel hast.

Ansonsten höre ich oft: „Ich kann das nicht. Arme und Beine sind okay, aber Oberkörper oder sogar den Kopf kann ich nicht kalt abduschen, das geht nicht.“ Ich lächle dann meistens verständnisvoll und behalte meine Erwiderungen für mich. Was ich gerne sagen würde: Doch, natürlich kannst du. Du kannst sicher nicht morgen einen Marathon laufen, wenn du nicht trainiert hast. Du kannst vielleicht nicht mit Mitte 30 aus dem Stand eine Kurvendiskussion lösen oder morgen nach Bali auswandern. Aber morgens drei Minuten unter kaltem Wasser stehen? Glaub mir, dass kannst du.

Es gibt dir vor allem beim Start in den Frühling ein unglaublich gutes Gefühl und vielleicht ein Stück von dem Glow, der mir zu Beginn meiner Kaltwasser-Reise empfohlen wurde. Und im Gegensatz zu vielen Wellbeing-Tools, die teuer und zeitaufwändig sind, geht das kalte Duschen schnell und es spart sogar Geld.

Also: Wie wäre es, wenn auch du es morgen einfach mal testest? Wenn du dich traust und dir den Glow holst? Du kannst nur gewinnen.