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Happy work life

Glücksmomente schaffen – in jedem Job
Text: Julia Felicitas Allmann
Fotos: Lena Heckl, Unsplash
28.10.2021
Lena Heckl
Der Druck ist hoch, die Zeit knapp, die Kund:innen drängen und wir selbst gehen in all dem Stress völlig unter: Vermutlich kennt jede:r diese Situation. Doch es ist immer wieder möglich, kleine Glücksmomente zu erschaffen – ganz egal, um welchen Job es geht. Anna Funke ist Systemischer Coach und verrät uns ihre besten Tipps.

Es ist wohl illusorisch, dass ein Job uns acht bis zehn Stunden am Tag mit Glück erfüllt. Selbst Menschen, die ihren absoluten Traumjob gefunden oder erschaffen haben, spüren Durchhänger oder müssen Dinge erledigen, die nicht zu den persönlichen Favoriten zählen. Und das ist okay. „Ich persönlich denke, dass jeder Job seine Sonnen- und Schattenseiten hat, was auch vollkommen in Ordnung ist“, sagt Anna. Manche Aufgaben müssten einfach abgearbeitet werden, wenn sie an der Reihe sind.

„Mein Tipp hier: Immer wieder überprüfen, ob die vielleicht unliebsamen Aufgaben dazu beitragen, die geliebten Aufgaben überhaupt durchführen können“, rät Anna. „Vielleicht fülle ich nicht gerne Formulare aus oder schreibe Anträge. Dafür kann ich, nachdem das erledigt ist, mein geliebtes Projekt umsetzen, das ich mir vorab genehmigen lassen musste.“

Welches Glücks-Verhältnis passt zu dir?

Damit uns ein Job trotzdem glücklich macht, sollten die positiven Momente in Summe überwiegen. „Deshalb habe ich für mich vor einigen Jahren die 70-30-Regel aufgestellt“, verrät Anna. „Wenn 30 Prozent der Aufgaben keine Glücksgefühle erzeugen, ist das für mich vollkommen okay, aber 70 Prozent sollten positiv besetzt sein.“ Für andere Menschen reiche vielleicht ein Verhältnis von 60 zu 40, anderen sogar 50 zu 50. „Hier darf jede:r die eigene Antwort der Zufriedenheit finden.“

Die Anforderungen im Job sind für jede:n anders. Um möglichst viele verschiedene Bereiche abzudecken, hat Anna ihre Tipps für unterschiedliche Berufsgruppen und Situationen verraten – hier findest sicher auch du Impulse, die zu deiner Situation passen.Und: Wir sollten nicht nur die Arbeit im Blick haben, wenn es um das persönliche Glück zwischen 9 und 17 Uhr geht. Läuft etwas im Privatleben unrund, kann sich auch das auf die emotionale Lage am Arbeitsplatz auswirken. „Falls jemandem zum Beispiel der Bereich Gesundheit oder Beziehungen zu schaffen macht, bleiben vielleicht auch eher die Glücksmomente im Job aus“, sagt Anna. „Eine realistische Einschätzung ist da immer sehr hilfreich. Und dafür zu sorgen, dass nicht nur der Job einem Glücksmomente beschert, sondern auch das Privatleben. Es geht immer um eine gesunde Balance.“

In toughen Momenten Glücksmomente erzeugen

Die Anforderungen im Job sind für jede:n anders. Um möglichst viele verschiedene Bereiche abzudecken, hat Anna ihre Tipps für unterschiedliche Berufsgruppen und Situationen verraten – hier findest sicher auch du Impulse, die zu deiner Situation passen.

  • Szenario 1: Eine gelangweilte Verwaltungsangestellte, die jeden Tag nur Akten abarbeiten muss und keine Freude mehr in ihrer Arbeit sieht

    „Dankbarkeit halte ich hier für ein zentrales Element“, sagt Anna. So könnte diese Person reflektieren, welche positiven Seiten der Job bietet: Ein festes Gehalt, eine Krankenversicherung, einen sehr sicheren Job, Urlaubsgeld usw. „Auch könnte die Verwaltungsangestellte sich für die jungen Kolleginnen und Kollegen im Team einsetzen und sie dabei unterstützen, versierter in ihrem Job zu werden und so Erfolgserlebnisse a.k.a Glücksmomente zu haben“, rät Anna. Denn: „Wer anderen hilft, glücklich zu sein, wird es selbst.“

  • Szenario 2: Eine überarbeitete Projektmanagerin, die vor lauter Druck von der höheren Hierarchie-Ebene keine Pausen macht und ständig nervös ist

    „Sie darf anfangen, Grenzen zu setzen, Pausen zu machen und diese Zeit bewusst für sich nutzen, um runterzufahren“, so die Expertin. Hilfreich dafür könnten Meditationen, Spaziergänge oder Progressive Muskelentspannung sein. „Wenn sie dann noch Kolleginnen und Kollegen dazu inspiriert, ebenfalls Pausen zu machen und für sich zu sorgen, entsteht vielleicht etwas Größeres daraus und es werden Pausen und Spaziergänge zusammen gemacht.“



    Das fördere nicht nur das Gemeinschaftsgefühl, sondern insgesamt die Gesundheit aller Mitarbeiter:innen. „Und so können dann auch wieder kleine Glücksmomente entstehen.“

  • Szenario 3: Eine Life-Coachin, die in Calls und Terminen mit Klient:innen alles gibt und aufpassen muss, dass sie sich selbst nicht dazwischen zerreibt

    „Sie kann zum Beispiel überlegen, weniger Kund:innen anzunehmen und gleichzeitig die Preise zu erhöhen, sodass zwischen den Calls und Terminen mehr Zeit für sie und die Glücksmomente bleibt“, empfiehlt Anna. Eine weitere Möglichkeit: Eine:n Mitarbeiter:in einstellen, um administrative oder andere Aufgaben abzugeben, die keine Glücksgefühle erzeugen. „Auch Automatisierungstools, die die Administration erleichtern, wären eine Überlegung wert.“



    Außerdem rät Anna, dass diese Person sich auch selbst liebevoll reflektiert und fragt: „Was bringt es mir, ständig über meine Grenzen zu gehen? Warum habe ich mich für diesen Job entschieden? Wie kann ich mehr vor dem machen, was Glücksmomente in mir auslöst?”

  • Szenario 4: Eine selbstständige Kreative, die ihren Job aus Überzeugung und Liebe macht, aber darüber oft Feierabend und Pausen vergisst

    In dieser Situation empfiehlt Anna ein kleines Pausen- und Feierabendritual, um ganz bewusst Glücksmomente in den Berufsalltag einzuladen. „Zum Beispiel könnte die Person reflektieren, was sie bis zu ihrer Pause alles geschafft hat, wo sie ihre Überzeugung und Liebe hineingegeben hat und sich dafür richtig feiern. Dazu einen Happy Song ihrer Wahl und ab geht‘s!



    Damit das im meist vollen Alltag nicht untergeht, kann man die Reflektion, die Pausen und den Feierabend sogar als täglichen Termin in den Kalender eintragen. „Dann bekommt das Ganze ein ganz anderes Gewicht.“

  • Szenario 5: Eine Kassiererin im Supermarkt, die den ganzen Tag für Kund:innen präsent sein muss und kaum zwei Minuten für sich hat

    In diesem Fall schlägt Anna drei Ansatzpunkte vor. Der erste sei Dankbarkeit: „Sich bewusst machen, dass die Kund:innen dem Supermarkt ihr Vertrauen in die Lebensmittel und das Geschäft geben. Sie investieren ihr Geld in diesen Laden, obwohl sie es auch woanders ausgeben könnten. Je mehr Kunden kommen, desto größer ist das Vertrauen, das die Kunden in diesen Supermarkt haben.“



    Auch aufrichtige Freundlichkeit könne helfen: „Wenn die Kassiererin den Menschen an der Kasse bewusst freundlich begegnet, sie begrüßt und verabschiedet, wird sie das von ihren Kund:innen zurückbekommen“, sagt Anna. „Freundlich behandelt zu werden, sorgt für Glücksgefühle.“



    Außerdem könne es guttun, an den Rest des Teams zu denken: „Ihre Kolleg:innen werden ebenfalls kaum Zeit für sich haben. Deshalb darf sie darauf achten, dass sie ihre Kolleg:innen pünktlich ablöst, wenn diese in die Pause oder in den Feierabend gehen wollen.“ Das zeige nicht nur Wertschätzung, sondern sorge auch für kleine Glücksmomente bei den Kolleg:innen. „Ihr Team wird es ihr gleichtun.“

  • Szenario 6: Eine Krankenschwester, die nonstop für Patient:innen im Einsatz ist und auf einer unterbesetzten Station arbeitet

    „Das Gefühl, dass einem alles im Job über den Kopf wächst, wenn die Aufgaben kaum in der vereinbarten Arbeitszeit zu schaffen sind, kennen wahrscheinlich ganz viele Menschen“, sagt Anna. Der erste Impuls sei es oft, sich noch besser zu organisieren und ein Gespräch mit Vorgesetzten zu suchen und um Unterstützung zu bitten, „damit die mentale und körperliche Gesundheit erhalten bleibt.“ Hilfreich sei auch, öfter „Nein“ zu sagen und auf einen Überstunden-Ausgleich zu bestehen.



    „Das allein erzeugt natürlich noch keine Glücksmomente im Arbeitsalltag“, sagt Anna. „Deshalb wäre mein Rat für die Krankenschwester, sich bewusst zu machen, warum sie sich für diesen Job entschieden hat und welche Aufgaben ihr zu weniger stressigen Zeiten besondere Momente beschert haben, also sie glücklich gemacht haben.“



    Der nächste Schritt sei es, diese Aufgaben selbst in stressigen Zeiten bewusst und achtsam wieder in den Alltag zu integrieren und auch zu zelebrieren. „Vielleicht mag die Krankenschwester es besonders, neuen Patient:innen die Angst vor der Behandlung zu nehmen“, sagt Anna. „Dafür könnte sie sich bewusst Zeit nehmen, um sich selber kleine Glücksmomente zu erschaffen. Und das wiederum kann ihr helfen, Kraft für all ihre anderen Aufgaben zu schöpfen.“

  • Szenario 7: Eine Abteilungsleiterin in einem großen Konzern, die in schwierigen Zeiten für 100 Mitarbeiter:innen verantwortlich ist

    „Ihr würde ich empfehlen, gemeinsam für ihre Mitarbeiterin einen Workshop zu organisieren, in denen sie sich alle gemeinsam über ihre Werte und Ziele für das Team bewusst werden. Warum tun sie, was sie tun? Wem wollen sie damit helfen? Was ist der Beitrag des Teams, den es stiftet?“ Gerade in schwierigen Zeiten, in denen Unsicherheit und auch Angst herrschen, könne das ein Anker sein, an den sich alle gemeinsam erinnern und der durch diese Phase helfe.



    „Und dieses Wissen und auch das Gemeinschaftsgefühl, dass alle an einem Strang ziehen und für eine bestimmte Sache arbeiten, kann bei der Abteilungsleiterin Glücksgefühle auslösen“, so Anna. „Gleichzeitig empowert sie damit ihre Mitarbeiter:innen, sodass nicht nur sie selber Glücksgefühle hat, sondern auch ihrem Team dabei hilft, glücklicher zu werden.“

Unabhängig von der Art des Jobs, vom Grad der Verantwortung und der Anzahl der Stunden, die wir arbeiten: Natürlich ist es am besten, wenn etwas tun, das wir wirklich gerne machen. „Ich persönlich glaube daran, dass ein Mensch immer am besten in dem ist, was er liebt“, sagt Anna. „Und wenn Liebe Teil der Arbeit ist, sind auch die Glücksmomente nicht allzu fern.“

Happy work life: Glücksmomente schaffen – in jedem Job
Anna Funke ist Systemischer Coach und hat den tiefen Wunsch, Frauen in ihrer Selbstliebe zu bestärken, damit sie ihre beruflichen Ziele erreichen. Aus diesem Grund hat sie ein Programm entwickelt, mit dem sie Frauen im Berufslieben gezielt über mehrere Wochen dabei unterstützt, von Selbstzweifeln ins Selbstvertrauen zu kommen. Annas Angebote findest du auf: https://annafunke.com/ oder bei Instagram.