Sie selbst wusste mit Mitte 20 noch nichts von der eigenen Hochsensibilität, litt aber unter Gedankenkreisen, Abgrenzungsschwierigkeiten und verschiedenen körperlichen Symptomen. „Mein Nervensystem war vollkommen überstrapaziert und mein Körper zog sämtliche Register, nachdem ich viele Jahre meine Grenzen überschritten hatte.“
Bei einem längeren Aufenthalt in Asien lernte Cyrbi verschiedene Heiler:innen, Yoga- und Meditationslehrer:innen kennen. „Seitdem ist Yoga ein fester Bestandteil meines Alltags, der mich durchs Leben trägt, mir Leichtigkeit und immer wieder neue Perspektiven ermöglicht“, sagt die 33-Jährige. „Yoga ist wahrlich heilsam für uns hochsensible Menschen.“
Wie unterscheidet sich Yoga für Hochsensible von anderen Klassen? Und warum ist es so wichtig für hochsensible Personen, spezielle Yoga-Einheiten auszuwählen? „Es ist fundamental wichtig, zu beachten, dass hochsensible Menschen aufgrund ihres feinen Nervensystems andere Bedürfnisse beim Yoga haben als der ‚Durchschnittsmensch‘.
So könnten schnelle, eher hektische und Muskelkraft fokussierende Übungen dem hochsensiblen System eher schaden als helfen. „Auch achte ich in meinem Yoga-Online-Kurs penibel auf das Ausschalten von Störquellen und die Auswahl der passenden Musik, sodass die Frauen in kurzer Zeit in Trance-Zustände gleiten können, anstatt dass ihr bereits aufgewirbeltes Nervensystem noch zusätzlich strapaziert wird“, sagt Cyrbi.Diese Unterrichtsform sei sehr restaurativ, also darauf ausgerichtet, die Gesundheit wiederherzustellen. Es gehe um Heilung. „Selbst hat mir diese Art von Yoga enorm geholfen, körperliche Symptome auszuheilen“, erzählt Cyrbi. „Die Ergebnisse meiner Yogis sind ebenfalls beeindruckend. So sind beispielsweise Frauen dabei, die ernste körperliche Beeinträchtigungen haben – zum Beispiel nach schweren Autounfällen – und somit kein ‚gewöhnliches‘ Yoga praktizieren können. Diese sind bei mir bestens aufgehoben.“
Die größte Besonderheit von Yoga für Hochsensible seien aber die Inhalte, die in den Klassen zur Sprache kommen. „So gehen wir verstärkt auf Themen wie Erdung, das Beenden von Gedankenkreisen, Energie-Steigerung, Tiefenentspannung, Stärkung der Nebennieren und anderer Organe, Klärung der Energieleitbahnen, die Chakren und die typischen Verspannungsbereiche wie Schultern und Nacken ein.“ Außerdem stehen Themen wie Urvertrauen, Loslassen und der Umgang mit Ängsten im Fokus. Cyrbi setzt für die Vermittlung dieser Inhalte bewusst auf einen Onlinekurs – auch wenn es Yogaklassen für Hochsensible ebenfalls in Präsenz-Kursen oder Workshops gibt. „Die Frauen können selbst entscheiden, ob sie am Präsenzunterricht via Zoom teilnehmen oder ausschließlich meine Video-Aufzeichnungen für sich alleine nutzen möchten.“
Denn wer alleine Yoga praktiziert statt in ein klassisches Yogastudio zu gehen, vermeidet eine der zentralen Herausforderungen für Hochsensible: Die Reizüberflutung. „Das hochsensible Nervensystem nimmt einfach alles aus seiner Umgebung auf: alle Geräusche, Gerüche und optischen Reize. Aber auch die Anwesenheit anderer Menschen und deren Energien können zu Konzentrationsschwierigkeiten und Abgrenzungsproblematiken während des Unterrichts führen.“
Wer als hochsensibler Mensch ein normales Yogastudio besucht, stört sich vielleicht auch an den Gerüchen: „Eine große Herausforderung sind die häufig im Yoga-Unterricht eingesetzten Räucherstäbchen, Duftkerzen und ätherischen Öle“, sagt Cyrbi. „Ein geruchsneutraler Raum eignet sich für Hochsensible am besten, damit sie loslassen können.“ Auch zu laute Musik oder zu viel gesprochene Anweisungen können hochsensible Personen stören und somit von den Yogaübungen ablenken.
Doch wer als hochsensible Person die richtige Yogaklasse gefunden hat, kann von den Asanas und Bewegungsabfolgen fürs ganze Leben profitieren: „Hochsensible Personen gehen in der Regel ungeerdet durchs Leben, sie sind sozusagen mit dem Kopf in den Wolken“, sagt Cyrbi. „Im Yoga kommen wir aus dem Kopf zurück in den Körper. Intensives Dehnen führt nicht nur dazu, dass sich das Gefühl für den eigenen Körper schärft. Es ermöglicht uns ebenfalls, in den gegenwärtigen Moment zu kommen, ins Hier und Jetzt, raus aus den Gedankenspiralen.“ Wenn das Nervensystem regelmäßig zur Ruhe komme, könne Heilung auf allen Ebenen geschehen. Und das ist durch Yoga möglich.
„Dadurch, dass wir im Yoga unser Bewusstsein für unsere eigenen Empfindungen schärfen, in den Körper kommen und das Außen ausblenden können – Stichwort: Abgrenzung! – hilft es vor allem sensiblen Menschen enorm, zur Ruhe zu kommen und das Gefühl für sich selbst zu stärken.“ Es gehe um das Gefühl für die eigene Identität, das in der lauten, schnellen Welt voller Energien und Eindrücke oft verloren gehe. Wer als hochsensible Person einen Yogakurs bei einer:m hochsensiblen Lehrer:in besucht, kann davon besonders profitieren, da der gesamte Aufbau der Klasse auf die speziellen Bedürfnisse abgestimmt ist. „Die meisten Yogalehrer:innen sind nicht hochsensibel und sich somit der ganz besonderen Bedürfnisse hochsensibler Menschen und Körper natürlich nicht bewusst“, sagt Cyrbi.
Die Yogakurse von Cyrbi richten sich an hochsensible und hochsensitive Menschen – wo liegen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen diesen Begriffen? „Während sich die Hochsensibilität ausschließlich auf die körperlichen Sinne bezieht, also auf Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten, ist die Hochsensitivität deutlich umfassender“, erklärt Cyrbi. „Hochsensitive Menschen sind in der Regel sehr energiefühlig: Sie nehmen Stimmungen, Emotionen und Energien anderer Menschen wahr und können sich schlecht abgrenzen.“
So spüren sie es, wenn jemand nicht ehrlich ist oder Dinge unausgesprochen bleiben. „Hochsensitive Menschen verfügen über eine äußerst komplexe Innenwelt, analysieren alles bis ins kleinste Detail, verarbeiten Informationen äußerst intensiv und sind mit einer starken Intuition gesegnet.“ Es komme häufig vor, dass sich Hochsensitive mit ihren eigenen Ansichten eher zurückhalten, weil sich ihre Wahrnehmung von der Welt und den Menschen meist vom gesellschaftlichen Konsens unterscheide – was hochsensitive Personen verunsichere und Angst vor Abgrenzung erzeuge. „Menschen können beides sein: hochsensibel und hochsensitiv“, erklärt Cyrbi. „Es kann aber auch nur die Hochsensibilität oder die Hochsensitivität vorliegen.“
Zurück zum Yoga: Wer sich einer der beiden Gruppen zugehörig fühlt, kann einen Kurs bei spezialisierten Yoga-Lehrer:innen buchen – oder erst einmal passende Asanas auf der eigenen Matte testen: „Eine ganz simple Übung besteht zum Beispiel darin, sich mit dem Becken an die Wand zu positionieren und die Beine an der Wand hochzulegen, wodurch das Nervensystem sehr schnell herunterfährt“, sagt die Expertin. „Auch das Hochlegen des Beckens auf einen Yogabolster oder Yogablock – oder alternativ auf einen Stapel Bücher – aktiviert den Parasympathikus in kurzer Zeit. Er ist Teil des vegetativen Nervensystems, das für Entspannung und Regeneration steht. Diese Übung ist allerdings nicht bei Bluthochdruck zu empfehlen.“
Im Gegensatz zu solchen regenerativen Übungen gibt es auch Abfolgen, die bei Hochsensibilität nicht geeignet sind: „Generell empfehle ich hochsensiblen Menschen, die sich erholen möchten, keine Übungen, die einen Kraftaufwand erfordern. Es kann den Körper zusätzlich strapazieren. Ein Nervensystem erholt sich nicht, wenn es weiter gefordert wird“, sagt Cyrbi. Das bedeutet aber nicht, dass nur Erholungspositionen möglich sind: „Übungen dürfen herausfordernd sein, jedoch ist ein Kraftaufwand nicht der richtige Weg für jemanden, der körperlich erschöpft ist oder andere körperliche Symptome hat“, so die Yoga-Lehrerin.
„Ich empfehle ganz klar weibliche, also sanfte, Yogastile“, sagt Cyrbi.“ Es gibt natürlich auch hochsensible Menschen, die körperlich in bester Form sind. In dem Fall spricht nichts gegen anstrengende Asanas, es sei denn, diese bringen nicht den gewünschten Effekt – also mentale, innere Ruhe. Dann lohnt es sich auch hier, in sanfte Asanas, die lange gehalten werden, überzugehen.“